Gogo Heraso durfte friedlich und in Würde einschlafen

Unser Sozialarbeiterteam teilte mir mit, dass eine über 90-jährige Frau dringend einen Rollstuhl benötigt. Ich wollte mir selbst ein Bild von Heraso Zuhause verschaffen. Wir fuhren so nah an ihre Hütte heran wie möglich und legten den Rest des Weges zu Fuss zurück. Die Umstände in denen wir sie vorfanden, werde ich wohl niemals vergessen. Diese fast blinde Frau lag in einem dunklen schmutzigen Raum, auf einer alten, dünnen, verdreckten Matratze am Boden. Neben ihrem «Bett» befand sich lediglich ein Becher, ein Teller und ein Holzstuhl. Das war ihr ganzer Besitz. Der strenge Geruch von Exkrementen und die menschenunwürdigen Bedingungen ekelten mich. Als wir sie begrüssten, strahlte sie uns an uns streckte uns ihre schmutzige Hand entgegen. Wir baten sie nach draussen, an die frische Luft zu kommen. Da kroch sie auf allen Vieren nach draussen. Mir schossen Tränen in die Augen. Wie kann es sein, dass eine so alte Frau, die doch einen schönen Lebensabend verdient hätte, so vernachlässigt wurde und auf allen Vieren kriechen musste? Ihre Knie waren vom Kriechen ganz verhornt und flach. Trotz diesen widrigen Umständen war sie so freundlich zu uns und dankbar über unseren Besuch. Das überforderte meinen Verstand. Wieder zu Hause, versuchte ich dieses «Elend» unter vielen Tränen zu verarbeiten.

Ein paar Tag später brachten wir ihr einen Rollstuhl. Sie trug noch immer dieselben Kleider. Die Organisation «LRI» schickte nun regelmässig ein Team vorbei, welches ihr Zuhause reinigte und sich so gut es ging, um sie kümmerte. Als sich ihr Zustand zunehmend verschlechterte, nahmen wir sie ins Hospiz. Nach einigen Tagen durfte sie in einem warmen sauberen Bett, umgeben von liebevollen Pflegern:innen friedlich einschlafen. Gogo Heraso durfte in Würde sterben. Ihre Lebensumstände waren zuvor menschenunwürdig. Und trotzdem schenkte sie uns ein herzhaftes, aufrichtiges und warmes Lächeln. Dieses Lächeln war alles, was sie besass und doch war es so kostbar.